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Gericht: Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 28.02.2008
Aktenzeichen: 1 K 791/07
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 35a Abs. 2 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen-Anhalt

1 K 791/07

Einkommensteuer

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 1. Senat -

ohne mündliche Verhandlung

am 28. Februar 2008

durch

den Präsidenten des Finanzgerichts Karl als Vorsitzenden, die Richterin am Finanzgericht Hübner, den Richter am Finanzgericht Keilig, den ehrenamtlichen Richter ... die ehrenamtliche Richterin ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung von Baraufwendungen für Handwerkerleistungen im Sinne von § 35 a Abs. 2 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG).

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2006 beantragten die Kläger eine Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen (Dacheindeckung) mit einem Lohnanteil in Höhe von 4.872 EUR. Die Kläger führten aus, dass der Unternehmer aufgrund sehr schlechter Erfahrungen mit der Zahlungsmoral auf Barzahlung bestanden habe und der Erhalt der Barzahlung auf der Rechnung vom 1. Juni 2006 bestätigt worden sei. Die Rechnung enthalte auch die Steuernummer des Unternehmers, so dass der Eingang des Geldes nachprüfbar sei.

Im Einkommensteuerbescheid vom 23. März 2007 berücksichtigte der Beklagte die geltend gemachten Aufwendungen aufgrund der Barzahlung nicht. Hiergegen richtete sich der Einspruch vom 27. März 2007, Eingang beim Beklagten am 3. April 2007. In diesem vertraten die Kläger die Ansicht, dass es bei sich ständig verändernden Vorschriften dem Steuerbürger nicht zuzumuten sei, dass er bereits bei Leistungen im Jahr 2006 wissen könne, dass er von seiner bisherigen Praxis der Barzahlung abweichen müsse, um eine steuerliche Anerkennung zu erhalten. Darüber hinaus sei aufgrund der Rechnungsnummer und der Steuernummer der ausführenden Firma der Zahlungseingang für die Finanzverwaltung nachprüfbar.

Mit Einspruchsbescheid vom 18. Mai 2007 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Der Beklagte führte aus, dass gemäß § 35 a Abs. 2 Satz 5 EStG Voraussetzung für die Berücksichtigung von Aufwendungen für Handwerkerleistungen sei, dass die Rechnung vorgelegt werden müsse und zudem die Zahlung auf ein Konto des Erbringers der Leistung durch einen Beleg des Kredit- bzw. Bankinstitutes nachzuweisen sei. Da die Kläger die Rechnung durch Barzahlung beglichen hätten, sei eine Nichtberücksichtigung der Steuerermäßigung ordnungsgemäß. Der Beklagte verwies zudem auf ein Schreiben des BMF vom 3. November 2006, IV C 4-S 2296b-60/06.

Am 15. Juni 2007 haben die Kläger Klage erhoben. In dieser stellen sie dar, dass die Arbeiten am Dach zu einem Zeitpunkt durchgeführt worden seien, zu welchem noch nicht bekannt gewesen sei, unter welchen Voraussetzungen die haushaltsnahen Dienstleistungen / Handwerkerleistungen anerkannt würden. Die Durchführung der Dachsanierung sei im Mai 2006 und sowohl die Rechnungserstellung wie die Zahlung am 1. Juni 2006 erfolgt. Die Zahlung sei zudem ordnungsgemäß auf der Rechnung und später nochmals mit Schreiben vom 7. Mai 2007 durch den Steuerberater der Dachdeckerfirma bestätigt worden. Danach sei die Bezahlung der Rechnung vom Handwerker als Bareinnahme verbucht worden. Das Schreiben des BMF datiere dagegen erst auf den 3. November 2006.

Die Kläger vertreten die Ansicht, dass eine Barzahlung, die durch Beweisurkunde (Rechnung) bestätigt sei und für deren Verbuchung sogar eine weitere schriftliche Bestätigung des Steuerberaters vorliege, mit unbaren Zahlungen gleichzusetzen sei. Bargeld sei ein gesetzliches Zahlungsmittel und es bestehe ein gesetzlicher Zwang zur Annahme von Geld zur Erfüllung einer Schuld. Die unterschiedlichen Zahlungsarten müssten gleichartig und gleichrangig behandelt werden.

Die Kläger beantragen,

den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 18. Mai 2007 für die gezahlten Lohnkosten der Dachsanierung in Höhe von 4.872 EUR eine Steuerermäßigung nach § 35 a EStG in Höhe von 600 EUR zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zur Begründung auf die gesetzlichen Regelungen des § 35 a Abs. 2 Satz 5 EStG, wonach der Steuerpflichtige verpflichtet sei, neben der Rechnung einen Beleg des Kreditinstitutes vorzulegen, mit dem die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Handwerkerleistung nachgewiesen werde. Die gesetzliche Regelung sei gemäß § 52 Abs. 50 b Satz 2 EStG für in 2006 geleistete Aufwendungen anzuwenden, soweit die zugrunde liegenden Leistungen nach dem 31. Dezember 2005 erbracht worden seien.

Der Beklagte führt weiter an, dass das Schreiben vom BMF vom 3. November 2006 keine eigene Normierung schaffe, sondern eine klarstellende Aussage treffe, da die Voraussetzungen selbst bereits im Gesetz normiert seien.

Dem Senat hat die Einkommensteuerakte des Beklagten vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten nach § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Zu Recht hat der Beklagte keine Steuerermäßigung nach § 35 a EStG für die geltend gemachten Handwerkerkosten gewährt.

Gemäß § 35 a Abs. 2 Satz 2 EStG ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer auf Antrag um 20 %, höchstens 600 EUR, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die in einem inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden. Gemäß § 35 a Abs. 2 Satz 5 EStG ist Voraussetzung für die Berücksichtigung der Steuerermäßigung, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen durch Vorlage einer Rechnung und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Handwerkerleistung durch Beleg des Kreditinstitutes nachweist.

An einem Nachweis der unbaren Zahlung über ein Konto fehlt es, da die Rechnung bar bezahlt worden ist. Somit kann eine Steuerermäßigung aufgrund der Nichteinhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen nicht gewährt werden.

Zwar wurde § 35 a Abs. 2 Satz 2 EStG nach § 52 Abs. 50 b Satz 2 EStG erst durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. Dezember 2006 (Jahressteuergesetz 2007, BGBl. I 2878) für den Veranlagungszeitraum 2006, soweit die den Aufwendungen zugrunde liegenden Leistungen nach dem 31. Dezember 2005 erbracht worden sind, in Kraft gesetzt - die gesetzliche Normierung somit erst zum Ende des Veranlagungszeitraumes geschaffen -, doch sind die Regelungen und Inhalte der Vorgängervorschrift des § 35 a EStG seit dem Veranlagungszeitraum 2003 bekannt. Bereits für die Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen war die Zahlung auf das Konto des Erbringers durch Beleg des Kreditinstitutes nachzuweisen, § 35 a Abs. 2 Satz 3 a.F. EStG. Zudem sind die Voraussetzungen für die Geltendmachung einer Steuerermäßigung wiederholt in allen Medien ausführlich dargestellt worden. Unabhängig von einer rückwirkenden (für den Steuerpflichtigen mit einer Besserstellung verbundenen) Gesetzesänderung konnte jeder Steuerpflichtige davon ausgehen, dass auch für Handwerkerleistungen Barzahlungen einen Steuerermäßigungsanspruch ausschließen würden.

Zudem waren die Kläger in der Vergangenheit auch steuerlich durch den jetzigen Prozessbevollmächtigten vertreten, sodass sie sich im Zweifelsfalle hätten rechtzeitig beraten lassen können. Für Träger der steuerberatenden Berufe musste von Anfang an ersichtlich sein, dass die bisherigen Voraussetzungen (Rechnung und unbare Zahlung auf Konto mit Nachweis des Kreditinstitutes) auch bei einer Ausweitung der Steuerermäßigungsvorschrift Anwendung finden würden.

Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob und inwieweit das Bundesministerium der Finanzen zur Klarstellung oder zur einheitlichen Verwaltungsausübung Verwaltungsanweisungen erlässt und damit eine Bindungswirkung für die Finanzverwaltung schafft. Wie der Beklagte zu Recht ausgeführt hat, regelt bereits das Gesetz eindeutig die Voraussetzungen für die Gewährung der Steuerermäßigung. Der Zeitpunkt des BMF-Schreibens ist daher unerheblich.

Darüber hinaus führt die Gesetzesergänzung zu einer rückwirkenden Vergünstigung des Steuerpflichtigen, so dass auch nicht von einer Verletzung schutzwürdigen Vertrauens ausgegangen werden kann.

Der Gesetzgeber ist zudem berechtigt, eine gesetzliche Differenzierung der Zahlungsmodalitäten für die Gewährung von Steuerermäßigungen zu normieren. Hintergrund der Einführung des § 35 a EStG durch Artikel 8 des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (Gesetz vom 23. Dezember 2002, BGBl. I 4621) und seiner Änderungen durch das Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung (Gesetz vom 26. April 2006, BGBl. I 1091) sowie Artikel 1 Nr. 27 Jahressteuergesetz 2007 (Gesetz vom 13. Dezember 2006, BGBl. I 2878) war unter anderem die Verhinderung und Bekämpfung von Schwarzarbeit (Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit, Bundestagsdrucksache 15/91 vom 14. November 2002, Seite 19; Bundestagsdrucksache 16/753, Seite 7 und 11). Eine Möglichkeit, Schwarzarbeit zu begegnen, ist einerseits eine zwingende Rechnungsausstellung und andererseits die unbare Zahlungsweise und Vorlage entsprechender Nachweise des Kreditinstitutes. Dies erleichtert die Nachvollziehbarkeit der Zahlungsvorgänge. Diesem Normzweck ist durch die Einführung des § 35 a Abs. 2 Satz 5 EStG Rechnung getragen worden.

Zwar hat der Senat gewisse Zweifel, ob durch die ausschließliche unbare Zahlungsweise nicht in die allgemeine Handlungsfreiheit nach Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) eingegriffen wird, doch dürfte der Gesetzeszweck (Bekämpfung der Schwarzarbeit) eine ausreichende Rechtfertigung der Beschränkung zulassen, zumal es dem Steuerpflichtigen bei für ihn positiven Steuernormen ermöglicht wird, die Voraussetzungen zur Erlangung der Steuerermäßigung durch entsprechende zivilrechtliche Vereinbarungen mit den beauftragten Handwerksfirmen zu vereinbaren. So besteht zum Beispiel die Möglichkeit - sofern der Handwerker auf Vorauszahlung besteht - eine unbare (Teil-)Vorauszahlung zu leisten. Die Freiheit der wirtschaftlichen Tätigkeit oder die Vertragsfreiheit wird hierdurch nicht unverhältnismäßig eingeschränkt.

Der Senat geht auch nicht davon aus, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, Artikel 3 Abs. 1 GG, vorliegt (so auch FG Münster, Urteil vom 18. Januar 2006 - 1 K 4132/04 E, EFG 2006, 895). Die gesetzlichen Voraussetzungen der Geltendmachung der Steuerermäßigung sind für alle Steuerpflichtigen gleich.

Hieran ändert es auch nichts, wenn auf der Rechnung des Zahlungsempfängers die Barzahlung bestätigt wird oder (wie im Streitfall ergänzend) im Nachhinein eine Verbuchung der Bareinnahme durch den Steuerberater des Handwerkers bestätigt wird. Zum einen würde die Zulassung einer derartigen Ausnahme den Verwaltungsaufwand für alle Beteiligten wesentlich erhöhen und ggf. eine Nachprüfung der Zahlungen erschweren, zum anderen bestünden Manipulationsmöglichkeiten. Mit der Zahlung vom Konto des Leistungsempfängers wird auf der anderen Seite verhindert bzw. erschwert, dass Schwarzgelder zum Einsatz kommen können. Hierdurch wird ein doppelter Schutz erreicht. Der Senat ist der Überzeugung, dass dies vom Normzweck umfasst ist.

Soweit die Kläger vortragen, dass das Handwerksunternehmen aufgrund schlechter Erfahrungen auf Barzahlung bestanden habe, hätten ggf. andere Sicherungsabreden oder Teil(voraus)zahlungen auf das Konto des Leistungserbringers vereinbart werden können. Die Inanspruchnahme von Steuerermäßigungen erfordert die Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen. Hält der Steuerpflichtige diese nicht ein, kann dies im Einzelfall dazu führen, dass Ermäßigungen nicht geltend gemacht werden können. Im Rahmen von Vertragsverhandlungen dürfte es zudem mittlerweile üblich sein, eventuelle Steuerermäßigungen auf Seiten des Leistungsempfängers in die Kalkulation mit einzubeziehen, wenn und soweit dieser auf unbaren Zahlungen besteht.

Auch wenn Bargeld ein anerkanntes und zulässiges Zahlungsmittel ist, ist es dem Gesetzgeber unbenommen, für die Gewährung von Steuerermäßigungen ausschließlich unbare Zahlungsmodalitäten vorzuschreiben. Der Senat geht nicht davon aus, dass die Differenzierung zwischen unbarer und barer Zahlungsweise zu einer Ungleichbehandlung im Sinne von Artikel 3 Abs. 1 GG führt oder hierin eine unverhältnismäßige Beschränkung zu sehen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung und Fortbildung des Rechts zugelassen.



Ende der Entscheidung

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